Die Kartoffel: von den Anden nach Gran Canaria
Die Kartoffel oder papa wie sie hier bezeichnet wird, ist mit Abstand eine der beliebtesten Beilagen in der Gastronomie Gran Canarias und sie hat eine wahrlich atemberaubende Geschichte hinter sich.
Wir werden Ihnen die Geschichte einer unglaublichen Reise erzählen, und zwar von einer, die noch immer nicht zu Ende gegangen ist. Die Protagonistin dieser Geschichte ist tatsächlich nicht sonderlich groß, doch sie ist weltweit bekannt, wurde vielfach ausgezeichnet, beeinflusste Dichter und Liedermacher, ernährte ganze Generationen und wurde schlechthin zum Symbol der Gastronomie Gran Canarias.
Genau, Sie haben richtig geraten! Die Rede ist von der Kartoffel. Wenn Sie gerade Ihren Urlaub auf Gran Canaria verbringen, haben Sie sicher schon bemerkt, dass papas con mojo, also diese kleinen Kartöffelchen mit runzliger Pelle und Salzkruste, die mit pikanter Mojo-Sauce serviert werden, an praktisch allen Tischen gereicht werden. Nun, Sie mögen vielleicht denken, „ach ja, noch so eine Knollenfrucht...“. Aber verzeihen Sie, wenn wir Ihnen sagen, dass Sie damit falsch liegen. Ihr unverwechselbarer Geschmack ist zurückzuführen auf eine glückliche Anhäufung verschiedener Vorfälle. Was steckt hinter dieser kleinen Kartoffel, die Sie vielleicht gerade jetzt Ihrem Munde zuführen? Worauf geht ihre Geschichte zurück?
Die Kartoffel hat ihren ganz eigenen Lebenslauf, ihre ganz eigene Geschichtsschreibung, hingebungsvolle Koryphäen auf dem Gebiet und Vorfahren auf dem gegenüberliegenden Meeresufer des Atlantiks. Dieses außergewöhnliche Abenteuer, das Tag für Tag in Form von papas con mojo endet, nahm tatsächlich schon vor über fünfhundert Jahren an einem Ort in den Anden seinen Anfang, als die spanischen Eroberer zum allerersten Mal in ihrem Leben eine Hand voll Kartoffeln erblickten. Dort, meine Damen und Herren, befindet sich der historische Nullpunkt der papa arrugá, wörtlich übersetzt mit „verrunzelter Kartoffel“, wie sie von den Einheimischen so treffend bezeichnet wird. Ihren unverwechselbaren Geschmack werden Sie stets auf der Zunge spüren, wenn Sie an Gran Canaria zurückdenken.
Gran Canaria und die restlichen Inseln des kanarischen Archipels haben der papa (patata auf dem spanischen Festland) die Türen nach Europa geöffnet. Aber das ist noch nicht alles! Das Klima, das in den Anden und auf den Kanarischen Inseln sehr ähnlich ist, und die unermüdliche Arbeit der Bauern und Bäuerinnen hierzulande haben es möglich gemacht, dass die Kartoffel aus den Anden eine zweite Heimat gefunden hat. Heutzutage werden auf den Kanarischen Inseln Kartoffelsorten angebaut, die sonst nirgendwo auf dem europäischen Kontinent zu finden sind.
Doch die Reise der Kartoffel geht noch weiter, und zwar auf den Feldern Gran Canarias, wo sich die Landbewohner ohne Unterlass dem Anbau dieser Knollenfrucht widmen und eine Jahresernte von mehr als zwanzig Millionen Kilo Kartoffeln nicht gerade selten ist. Die Flagge von Gran Canaria weist die Farbkombination Blau und Gelb auf und es wäre wohl kaum verwunderlich, wenn statt eines Wappentieres eine Kartoffelsuppe oder schlicht eine Pellkartoffel erscheinen würde. Die papa ist das Epizentrum der gastronomischen Kultur insgesamt.
Canarios nennen sie selbstverständlich papa, denn wie schon der chilenische Dichter Pablo Neruda schrieb: „Papa sollst du heißen, nicht patata!“ Und wenn jetzt schon von Sprache die Rede ist: Die Fähigkeit des Kanariers, neue Worte zu kreieren, hat auch die Welt der Knollenfrüchte erreicht. Über viele Jahre hinweg trafen aus englischen Hafenstädten säckeweise Kartoffeln der Sorten King Edward oder White Care ein, deren Namen ganz automatisch der kanarischen Aussprache angepasst wurden und somit bis heute als Kinewa und Care in aller Munde sind. Und die meisten Leute benutzen diese Ausdrücke, ohne sich deren Herkunft bewusst zu machen.
Aber Sie sind sich wohl ab jetzt, wenn Ihnen ein Teller mit papas con mojo serviert wird, der langen Reise dieses köstlich aromatischen Abenteuers bewusst. 2016 wurde die Kartoffel zudem zum ersten der sieben Wunder der spanischen Gastronomie gekürt. Dieser kleinen Knolle ist es also gar nicht so schlecht ergangen, stimmt´s?
Weiterführende Links:
Kennst du die 21 Zutaten der Gastronomie von Gran Canaria?
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