Die Höhle der Heiligen Jungfrau
Das Fest der Virgen de la Cuevita von Artenara ist eng mit der Tradition der alten Höhlenhäuser im Bergland von Gran Canaria verbunden.
Artenara, das traditionsreiche Dorf im Bergland von Gran Canaria, ist tief im Fels verwurzelt. Es unterhält eine innige Beziehung zu den Eingeweiden der Erde, denn die Häuser des Dorfes sind in den Fels gebaut. In den Höhlenhäusern entstand die reiche Tradition der Gemeinschaft von Bauern, Handwerkern und Töpfern mit ihren kulinarischen Köstlichkeiten. Und auch heute sind viele der neueren Bauten im Grunde genommen nur Erweiterungen der alten Höhlenhäuser.
Natürlich entsprang in diesem Dorf auch der Glaube in einer Höhle, wie ein Quell. So verwundert es nicht, dass die Schutzheilige des Dorfes Virgen de la Cuevita heißt, „Jungfrau des Höhlchens“ oder der „kleinen Höhle“, und dass ihr Heiligtum eine in den vulkanischen Tuffstein gehauene Kapelle ist.
Altar, Chor, Kanzel und Beichtstuhl wurden von den Dorfbewohnern über die Jahrzehnte hinweg aus dem Fels gemeißelt. Das in dieser Region Gran Canarias innig verehrte Marienbildnis ist nur 80 Zentimeter hoch, und der Glaube an sie vermochte zwar keine Berge zu versetzen, aber doch Höhlen zu graben.
So bedeutet ein „Herz aus Stein“ in Artenara genau das Gegenteil von dem, was es anderswo bedeuten mag. Hier im Bergland, das mit seiner Höhenlage in mehr als 1.200 Metern ebenso schön wie extrem ist, war die Verbindung von Glaube, Hingabe und Leidenschaft notwendig für das Überleben der Dorfgemeinschaft. Die religiöse Andacht erreicht ihren Höhepunkt alljährlich am letzten Sonntag des Augusts, der in diesem Jahr auf den 27.08. fällt.
An diesem Tag wird die Virgen de la Cuevita in einer Prozession zur Dorfkirche San Matías getragen, wo sie stundenlang bis zum Anbruch der Nacht angebetet wird. Dann kehrt sie in ihren Tempel heim – wie jedermann und jede Frau in Artenara. Nur, dass sie eben ewig ist. Der Rückweg in ihre Heimstatt wird durch Feuerwerk und Fackeln erhellt.
Die Virgen de la Cuevita ist auch die Schutzpatronin der Folkloregruppen und Radsportler von Gran Canaria, und so ist der „42. Radaufstieg nach Artenara“ (42 Subida Cicloturista a Artenara) am Samstag, den 19. August ebenfalls Teil des offiziellen Festprogramms. Die Ankunft der Radler wird gegen 13 Uhr erwartet. Am Abend findet eins der großen Jahresevents der grankanarischen Volksmusik statt: „Eine Nacht in Artenara, mit Freunden von José Antonio Ramos“ (Una noche en Artenara, con amigos de José Antonio Ramos), bei dem in diesem Jahr der berühmte Timplist Domingo Rodríguez „El Colorao“ erwartet wird.
Am Vortag findet die Eröffnung der Ausstellung unter dem treffenden Titel „Artenara, ein Ort in den Wolken“ (Artenara, un rincón entre las nubes) statt, in der Werke von Francisco Ortega gezeigt werden. Der große spanische Schriftsteller und Philosoph Miguel de Unamuno bezeichnete den Himmel und die überwältigenden Landschaften von Artenara einmal als „versteinerter Sturm“. Der Aussichtspunkt, der nach ihm benannt wurde, erinnert an seinen Aufenthalt im Dorf und den Eindruck, den die großartige Bergwelt in seinen Augen und seiner Seele hinterließ. Das passiert eben, wenn man nach Artenara hinaufsteigt…