Gran Canaria


01/09/2023


Interview
Natur

Guguy - Francisco Gonzalez

Francisco González: „Guguy ist ein Paradies, das jeder einmal gesehen haben möchte“

Güigüí, auf der Insel bekannt als Guguy, ist ein Ort voller Geschichte, Kultur und Natur. Geografisch liegt das Gebiet in der westlich gelegenen Gemeinde La Aldea de San Nicolás und spielte im Laufe der Geschichte nicht nur eine wirtschaftlich wichtige Rolle, sondern verfügt zudem über eine überaus wertvolle Naturlandschaft. Aktuell gibt es Bestrebungen, dass dieses besondere Naturschutzgebiet in Zukunft alsNationalpark anerkannt wird.

Wir treffen uns im Anatura, La Casa de las Semillas (das Haus der Samen) mit Francisco González, Biologe und Techniker des kanarischen Inselrates, um mit ihm über dieses Vorhaben zu sprechen.

Guguy

Guguy ist ein ganz besonderer Ort auf Gran Canaria, vor allem für die lokale Bevölkerung. Welche geschichtliche und kulturelle Bedeutung hat das Gebiet?

Guguy war bis zum 20. Jahrhundert durch den Anbau von Tomaten von großer wirtschaftlicher Bedeutung. Doch das ist lange nicht alles.

Durch die geographisch abgelegene Position in der Gemeinde La Aldea de San Nicolás, die historisch gesehen im Grunde immer isoliert war, konnte ein Naturgebiet entstehen, das sich praktisch seit dem 19. Jahrhundert nicht grundlegend verändert hat. Während der Rest der Insel ab dem 20. Jahrhundert große Veränderungen erlebte, blieb Guguy praktisch unverändert. Aus ökologischer Sicht ist das Gebiet unter anderem reich an geologischen, landschaftlichen und pflanzlichen Ressourcen.

Neben den natürlichen Ressourcen, wofür ist Guguy noch bekannt?

Wie gesagt hat sich das Gebiet im Vergleich zu besiedelten Regionen der Insel kaum verändert. Es ist großteils bedeckt von Kandelaber-Wolfsmilch- und Tabaiba-Pflanzen und verfügt über den einzigen natürlichen Zedernbestand auf Gran Canaria sowie die größte Population an wilden Pistazienbäumen der Kanarischen Inseln, eine mediterrane Baumart, die auf dem Archipel äußerst selten ist. Guguy ist außerdem für sein wertvolles archäologisches Erbe bekannt. Darunter die Obsidian-Minen, die einst eine wichtige Rolle spielten, sowie ein ethnographisches Erbe, das aus Teichen, Höhlen, traditionellen Gebäuden usw. besteht.

Was die Flora und Fauna betrifft, ist der Anteil an endemischen Pflanzen in Guguy deutlich höher als auf der gesamten Insel, von denen zwei ausschließlich in diesem Gebiet vorkommen. Aktuell wird eine neue Pflanzenart untersucht, die sich womöglich als die dritte endemische Art der Region herausstellen könnte.

All das zeigt einmal mehr, dass Guguy, trotz menschlicher Aktivität in der Vergangenheit, über ein überaus gut erhaltenes Ökosystem verfügt. Obwohl der Mensch einige wenige Spuren in diesem Naturraum hinterlassen hat, ist die Natur überaus gut erhalten.

Guguy

Aufgrund dieser Eigenschaften, soll das Naturschutzgebiet Guguy zum Nationalpark werden. Wie soll das konkret aussehen?

Guguy verfügt über Ökosysteme, sowohl an Land als auch im Meer, die es derzeit in keinem Nationalpark Spaniens gibt.

Die Kandelaber-Wolfsmilch- und Tabaiba-Pflanzen spielen für dieses Ökosystem eine fundamentale Rolle und ihr Vorkommen konzentriert sich vor allem im Timanfaya-Gebiet. Außerdem bieten die Steilküsten im Gebiet Schutz für verschiedene Meeresvögel, wie den Sturmtaucher, der zwar einen Großteil seines Lebens im Meer verbringt, jedoch zum Brüten an Land zurückkehrt.

In diesem Gebiet ist das Meer aufgrund der Strömungen, die vom Norden der Insel nach Westen verlaufen, geschützt, was im Vergleich zu anderen Gebieten zu einer rauen See führt. Daher wird in dieser Region wenig geangelt und die Meeresökosysteme sind geschützt. Auch was das Meeresleben betrifft, gibt es aktuell in den Nationalparks Spaniens kein Ökosystem wie auf den Kanaren.

Was erhofft man sich von der Anerkennung als Nationalpark?

Im Grunde geht es darum, einen erhöhten Schutz der Meeres- und Landgebiete zu erreichen. Als Nationalpark werden all jene Gebiete deklariert, die ökologisch besonders wertvoll sind, schützenswerte Landschaften besitzen und von allgemeinem kulturellem Interesse sind. Wir sind der Meinung, dass Guguy all diese Punkte erfüllt. Außerdem gibt es auf europäischer und internationaler Ebene die Auflage, die geschützte Meeresfläche um mindestens 30% zu vergrößern. Unser Vorschlag geht in diese Richtung.

Welche Vorteile hätte es, wenn Guguy zum Nationalpark erklärt werden würde?

Es gibt mehr Vorteile, als die meisten annehmen. Zum einen würde ein neuer Nationalpark auf Gran Canaria dazu führen, den Umweltschutz innerhalb Spaniens zu stärken, ein Land, das immerhin schon auf mehr als 100 Jahre Erfahrung auf diesem Gebiet hat. Es würde uns erlauben, auf bewährte und verbesserte Methoden der Verwaltung des Gebiets zurückzugreifen. Dadurch könnten die natürlichen Ressourcen und das kulturelle Erbe der Region auf nachhaltige und wirksame Weise geschützt werden.

Ein weiterer Vorteil wäre eine Verbesserung der Wahrnehmung und Sichtbarkeit des Gebiets. Guguy könnte zu einem nationalen Referenzpunkt in Sachen Schutz und Verwaltung von Naturgebieten werden und somit das Interesse einer größeren Anzahl an Besuchern wecken. Dies wiederum hätte positive wirtschaftliche Folgen für die Region. Es könnte ein verantwortungsvoller und nachhaltiger Tourismus florieren, der in und um die Gemeinde La Aldea Einkommen und Arbeitsplätze schafft.

Neben den wirtschaftlichen Faktoren würde eine solche Anerkennung das kulturelle, ethnographische, archäologische und ökologische Erbe von Guguy hervorheben. Dies könnte nachhaltige wirtschaftliche Aktivitäten im Bereich der Nachhaltigkeit begünstigen, wie Umweltbildungsmaßnahmen und die Förderung der lokalen Kultur, was die Region weiter bereichern und die Bindung zwischen der lokalen Bevölkerung und ihrer natürlichen Umgebung stärken würde.

Guguy

Gibt es aus Sicht der Bevölkerung einen wertvollen Nutzen?

Einer der offensichtlichsten Vorteile ist die finanzielle Unterstützung, die Nationalparks in Spanien erhalten, um Aktivitäten in den Gemeinden, in denen sie sich befinden, zu subventionieren. Diese Gelder können für verschiedene Projekte und Aktivitäten genutzt werden, von denen die lokale Bevölkerung unmittelbar profitiert.

Der Umweltschutz hat schon jetzt positive wirtschaftliche Folgen für die Region. Bereits vor der Kandidatur als Nationalpark gab es europäische Projekte, für deren Durchführung lokales Personal angestellt wurde. Wird die Region als Nationalpark deklariert, braucht es Personal für die Instandhaltung, was Arbeitsplätze für die lokale Bevölkerung schaffen würde.

Zudem gäbe es auch indirekte wirtschaftliche Folgen. Guguy als Nationalpark würde eine Reihe an Besuchern anziehen, die das Naturschutzgebiet erkunden möchten. Diese Besucher brauchen eine Unterkunft, Essensversorgung und lokale Dienstleistungen, wodurch die örtliche Wirtschaft gestärkt werden würde.

Sind Sie zuversichtlich, dass das Vorhaben erfolgreich sein wird?

Zweifellos. Wir arbeiten seit über einem Jahr mit dem OAPN (Organismo Autónomo Parques Nacionales – Autonomer Organismus für Nationalparks) an den technischen Details. Der OAPN ist dem spanischen Ministerium für Umwelt direkt unterstellt und bildet die Verbindungsstelle aller Nationalparks in Spanien. In diesem Zeitraum konnten wir den Kontakt stärken und Informationen zu Guguy weitergeben, die den Wert dieser Region hervorheben und unserer Kandidatur Gewicht verleihen. Wir haben betont, wie wichtig es ist, Naturräume zu schützen, die aktuell in keinen der Nationalparks Spaniens repräsentiert sind.

Der Reichtum von Guguy steht im direkten Zusammenhang mit der Bevölkerung, die der Schlüssel zum Erhalt der Region ist. Durch welche Maßnahmen möchte man die Öffentlichkeit über die Dringlichkeit des Schutzes der Region aufklären?

Es kam bereits zu einer Umsetzung verschiedener Strategien der Kommunikation und Sichtbarkeit. Ziel ist es, an das Bewusstsein und die Unterstützung der lokalen und allgemeinen Bevölkerung zu appellieren und den Schutz von Guguy zu erhöhen.

In den sozialen Medien beispielsweise wird mittels Informationshäppchen und Videos über die ökologischen und kulturellen Werte der Region berichtet. Im vergangenen Jahr fand eine Fotoausstellung statt, um auf das Vorhaben aufmerksam zu machen. Zudem denkt man über ein offenes Treffen zwischen der lokalen Bevölkerung und Vorsitzenden und Angestellten von Nationalparks nach, um über die Rolle eines Nationalparks und dessen Verwaltung zu sprechen.

Guguy
Guguy

Sind konkrete Maßnahmen für eine bessere Kontrolle angedacht?

Unabhängig von der Kandidatur werden bereits jetzt Maßnahmen umgesetzt. Darin eingeschlossen sind all jene, die zur Einhaltung des Gesamtplans des Naturschutzgebietes, in dem alle Verwaltungsrichtlinien des Gebiets festgelegt sind, beitragen. Darüber hinaus wird aktuell an der Umsetzung eines Projekts gearbeitet, das einen Campingbereich im Barranco Güiguï Grande vorsieht. Dies soll zu einer Regulierung der Besucherzahlen und Bereitstellung notwendiger Einrichtungen beitragen.

Außerdem werden Messgeräte eingesetzt, um die Besucheranzahl auf den Wanderwegen und an beliebten Anlaufstellen zu messen. Dies erlaubt eine bessere Regulierung und vermeidet negative Auswirkungen auf den Naturraum.

All diese Maßnahmen dienen der Regulierung und Kontrolle der Aktivität im Gebiet von Guguy und fördern einen verantwortlichen Tourismus, der die Umweltauswirkungen einschränkt und zum Erhalt dieses wertvollen Naturraums beiträgt.

Werden all diese Maßnahmen dazu beitragen, den Status des Nationalparks zu erhalten, sollte Guguy ihn erreichen?

Selbstverständlich. Die Mitgliedschaft im Netzwerk der spanischen Nationalparks führt zu einer gemeinsamen Strategie und einem gemeinsamen Arbeitsansatz. Jeder Park legt jährliche Budgets und Tätigkeitsberichte vor, um eine effiziente und nachhaltige Verwaltung zu garantieren.

Ein Nationalpark kann nur dann seinen Status verlieren, wenn er erhebliche Veränderungen erfährt, die seine natürlichen und kulturellen Werte beeinträchtigen. Die Nationalparkverwaltung Spaniens setzt all ihr Fachwissen und ihre Erfahrung ein, um die Naturräume zu erhalten und zu schützen, damit ihr Mehrwert in Zukunft steigt, anstatt zu sinken.

Um auf die Einbindung der lokalen Bevölkerung zurückzukommen, warum war Ihrer Meinung nach die Befürwortung groß?

Zum einen ist Guguy für die Bevölkerung ein Paradies, das geschützt werden muss. Diesen atemberaubenden Naturreichtum möchte jeder einmal gesehen haben.

Außerdem ist die Aktivität in diesem Gebiet sehr gering, weshalb bisher niemand um die eigenen Interessen kämpfen musste. Die konfliktfreie Zone gemeinsam mit der bisher geringen Aktivität tragen dazu bei, dass die lokale Bevölkerung dem Vorhaben gegenüber positiv gestimmt ist.

Ebenfalls zu berücksichtigen ist, dass nur ein sehr geringer Anteil der lokalen Bevölkerung in diesem Gebiet lebt. Die meisten sind seit sehr vielen Jahren dort und betreiben landwirtschaftliche Aktivitäten. Diese lokalen Gemeinschaften wurden kontaktiert und über das Vorhaben aufgeklärt. Da es sie in ihren traditionellen Aktivitäten nicht einschränken würde, fühlen sie sich sicher und sehen es gelassen.

Guguy

Guguy steht für so Vieles. Welchen Aspekt möchten Sie persönlich vermitteln?

Dass es ein einzigartiger und außergewöhnlicher Ort auf Gran Canaria ist. Guguy ist wie eine Insel auf der Insel. Im Laufe der Jahre hat sich das Gebiet aufgrund geringer menschlicher Aktivität nur gering verändert und verfügt noch heute über denselben Charakter. Trotz herausfordernder Wetterbedingungen, ist der Ort landschaftlich umso beeindruckender und bietet das Potenzial, sich positiv weiterzuentwickeln.

Dieses Gebiet gehört zum geologisch ältesten Teil der Insel und weist eine zerklüftete und uralte Topographie auf, die Naturwerte von großer Bedeutung beherbergt. Es scheint, als wäre die Zeit hier stehen geblieben. Guguy bietet die Möglichkeit, einen Ausflug in das alte Gran Canaria aus zu machen, sozusagen eine Reise in die Vergangenheit.

Es ist ein außergewöhnlicher Ort auf Gran Canaria, mit einer einzigartigen Geschichte und besonderen Werten. Der Vorschlag, es zu einem Nationalpark zu machen, zielt nicht nur darauf ab, diesen Schatz zu bewahren, sondern auch einen erheblichen Nutzen für die lokale Gemeinschaft zu schaffen.

Dieses Naturschutzgebiet erinnert uns daran, dass wir mit der richtigen Einstellung und Zusammenarbeit lokaler Gemeinschaften unsere Naturschätze für zukünftige Generationen schützen und erhalten können.

*Mehr Information: Erfahren Sie mehr zur Kandidatur Nationalpark Guguy.

 

*Dankeschön: Vielen Dank an „Anatura, La Casa de las Semillas“ ür die Bereitstellung des Raums für die Erstellung dieses Berichts. [Besuchen Sie ihre Website und finden Sie die Marktpläne am Sonntag heraus!].

 

*Urheberschaft: Die in dieser Sektion enthaltenen Landschaftsfotografien des Guguy Special Natural Reserve sind das Werk des kanarischen Fotografen Nacho Gonzalez Oramas.

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